Rekonstruktion einer Katastrophe

Eine Serie heftiger Unwetter hat im Sommer 2022 im Stubaital schwere Schäden verursacht. In den am stärksten betroffenen Gebieten wird nun versucht, die Ereignisse zu rekonstruieren.
Das Stubaital in Nordtirol wurde innerhalb von zwei Wochen gleich viermal von schweren Unwettern heimgesucht, die Schäden in Millionenhöhe hinterließen. Zahlreiche Bäche traten über die Ufer, mehrere Muren verschütteten Straßen, zerstörten Brücken und rissen auch zwei Autos mit sich. Zwei Personen konnten nur mehr schwer verletzt geborgen werden, ein Pfarrer aus dem Tal wird seither vermisst. Wie es zu diesen heftigen Murabgängen kommen konnte, wird nun vom Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) gemeinsam mit der Wildbach- und Lawinenverbauung (WLV) untersucht.
So viel Schlamm und Geröll wie bei diesem Ereignis wurde im Einzugsgebiet des Mühltalbaches (vulgo Klaushofbach, Gde. Mieders) bisher noch nie beobachtet. Im Einzugsgebiet des Oberbergbaches (Gde. Neustift i.S.) haben starke Regenfälle in den Tagen danach zusätzlich zu weitläufigen Bachverwerfungen geführt. Seitens der WLV bestand daher großes Interesse an einer wissenschaftlichen Aufarbeitung der Ereignisse. Im Fokus steht dabei die Entwicklung der Prozessdynamik im Einzugsgebiet des Mühltalbaches. Zudem sollen die Rolle und die Wirkung des Schutzwaldes im Einzugsgebiet des Oberbergbachs untersucht werden.
Von oben alles im Blick
Das BFW wurde von der WLV mit einer Drohnenbefliegung des am stärksten vom Ereignis betroffenen Abschnitts des Oberbergtals beauftragt. Der Blick von oben zeigt nicht nur das Ausmaß der Zerstörungen, es lässt sich auch aus den Luftbildern ein digitales Modell der Geländehöhen errechnen. Diese Daten werden in der Folge zur Abgrenzung der von den Murereignissen betroffenen Bereiche herangezogen. Auch die Menge des Materials, das oben weggespült und unten abgelagert wurde, wird ermittelt. Anhand der Bilder lässt sich auch der Einfluss von mitgeschwemmten Bäumen auf die Dynamik der Mure analysieren.
Im Mühltalbach wird, aufbauend auf Daten aus aktuellen Befliegungen und historischen Luftbildern, die Entwicklung der Murprozesse und der Eintiefungen in den Schuttflanken im oberen Teil des Einzugsgebiets rekonstruiert. Die Ergebnisse dieser Studie sollen der WLV bei der Aufarbeitung und Dokumentation der Ereignisse sowie der Planung von Schutzmaßnahmen dienen.

Projektinfos
Projekttitel: ErDok Stubai
Projekttitel lang: Ereignisdokumentation: Befliegung und Rekonstruktion der Entwicklung von Prozessen in von den Elementarereignissen im Stubaital Ende Juli 2022 betroffenen Einzugsgebieten
Laufzeit: 09.08.2022 – 31.12.2022
Fördergeber: WLV (Sektion Tirol)
Projektleitung: BFW (Bundesforschungszentrum für Wald)
Weitere Informationen
Kontakt
Marc Adams, Bundesforschungszentrum für Wald, Rennweg 1, 6020 Innsbruck, marc.adams@bfw.gv.at