AvaRange | Das Strömungsverhalten von Lawinen messen

In-Flow-Daten mit hoher Präzision in realen Lawinenszenarien sind das Produkt des Kooperationsprojekts von BFW-Institut für Naturgefahren Innsbruck, TU Berlin und Universität Innsbruck. Dieser Ansatz kommt nun erstmalig bei Lawinen zur Anwendung.
Das zerstörerische Potenzial von gravitativen Massenflüssen, wie z. B. Schneelawinen, hat in Gebirgsregionen große sozioökonomische Auswirkungen. Unser derzeitiges Verständnis der Strömungsdynamik auf Partikelebene basiert meist auf Laborexperimenten und Computersimulationen. Messtechniken von Schneelawinen beinhalten in der Regel entweder nicht-invasive, von außen beobachtbare Merkmale oder invasive Strömungs-Hindernis-Interaktionen. Eine geeignete nicht-invasive In-Flow-Messmethode, die es erlaubt, den Einfluss von Schnee- und Partikeleigenschaften, wie Temperatur, Dichte, Größe oder Form, auf Prozesse wie Entmischung, Phasentrennung und schließlich Fließmobilität zu bewerten, fehlte bislang.
Wissenschaftliche Lücken schließen
Das Projekt AvaRange zielt darauf ab, diese Lücke zu schließen, indem es die technischen Fortschritte in den Bereichen Inertial-Sensorik und Wireless Ranging nutzt, um das interne Strömungsverhalten von Lawinen zu untersuchen. Dafür werden eingebettete Systeme mit Kommunikations- und Sensorfähigkeiten für Echtzeitmessungen eingesetzt. Ausgestattet mit robusten Gehäusen und platziert in Auslösebereichen, können sich die Sensoren mit der Lawine bewegen. Die Trägheitsnavigation liefert Informationen über die lokale Bewegung jedes Sensors und Funkmessverfahren ermöglichen mehreren Sensorsystemen, miteinander zu kommunizieren und ihre Abstände über die Zeit zu verfolgen. Zusammen bilden diese Ansätze die Grundlage für die Entwicklung neuartiger In-Flow-Messmethoden für gravitative Massenströme, die es erlauben, die Teilchenbewegung innerhalb einer Lawine zu verfolgen. Experimentelle Machbarkeitsstudien und Untersuchungen bestehender Algorithmen zur Bewegungsanalyse zeigen, dass Lösungen nach dem Stand der Technik dazu noch nicht in der Lage sind.
Forschungsinteressen und Anwendungsgebiete
Insgesamt hat AvaRange das Potenzial für große Durchbrüche im Verständnis der internen dynamischen Prozesse und der Strömungsmobilität von Lawinen, die das Fließ-, Stopp- und Auslaufverhalten sowie die Aufpralldrücke bestimmen. Detaillierte Informationen über die Partikeltrajektorien werden zur Entwicklung von Lawinenströmungsmodellen beitragen, die ein integraler Bestandteil von Lawinensimulationen und Gefahrenkartenanwendungen sind. Die rauen Umgebungen, in denen die Experimente stattfinden, erfordern kostengünstige, langlebige und dennoch hochgenaue Sensorkombinationen mit robuster Funkübertragung im Schnee. Diese Sensoren werden auch für alle Arten von unterschiedlichen gravitativen Massenflüssen von Interesse sein, die über das Projekt AvaRange hinausgehen. Das Verständnis des Partikeltransports und der jeweiligen Fließtrajektorien in Lawinen ist von hoher Relevanz, z.B. für die Vorhersage des Verschüttungsortes von Skifahrer*innen oder des Transports von Trümmermaterial und deren möglichem Aufprallort. Ein verbessertes Verständnis der Granulations- und Entmischungsprozesse wird darüber hinaus für die Konstruktion von Lawinensicherheitsausrüstung von Vorteil sein.


